An Weihnachten ist Kitsch erlaubt
An Weihnachten ist erlaubt, was sonst eigentlich deplatziert ist: opulente Dekoration! Wir versuchen zu erklären, warum sich Weihnachten allen Stilfragen widersetzen darf.
Tannengirlanden mit Lichterketten, beleuchtete Rentiere im Vorgarten, große Kugeln und bunte Engel schmücken die Zweige in der Vase. Strahlende Sterne im Fenster, der Nikolaus und andere Figuren tummeln sich auf den Fensterbänken, Schneeflocken bemalte Fensterscheiben und Glasschalen mit goldenen und silbernen Glitzer-Tannenbaumschmuck, Kerzen wohin man nur schaut. In der vorweihnachtlichen Adventszeit herrscht Ausnahmezustand – je kitschiger, desto besser. Es darf geschmückt werden, was das Herz begehrt und „das Zeug hält“: opulent, ausschweifend und niedlich. Manch einer drückt ein Auge zu, weil er weiß, der Spuk ist in vier Wochen wieder vorbei.
Auch am Arbeitsplatz kann man nicht übersehen, dass bald Weihnachten ist. Überfüllte Plätzchenteller, Mandarinen, dekorierte Bildschirme und natürlich Weihnachtssterne zieren die Schreibtische.
Die einen sagen Kitsch, die anderen nennen es vertrautes Wohlgefühl gemischt mit Kindheitserinnerungen und Herzenswärme.
Kitsch, sagt Wikipedia, steht zumeist abwertend gemeinsprachlich für einen aus Sicht des Betrachters minderwertigen Gefühlsausdruck. In Gegensatz gebracht zu einer künstlerischen Bemühung um das Wahre oder das Schöne, werten Kritiker einen zu einfachen Weg, Gefühle auszudrücken, als sentimental, trivial oder kitschig.
Kitsch ist wichtig
Wir brauchen ab und an Kitsch in unserem Leben, auch wenn wir überzeugte Puristen sind. Gerade in der Weihnachtszeit lassen wir uns gerne von den Weltproblemen mit Kitsch ablenken. Da wollen wir uns versöhnen mit uns, den Weltumständen und jedem, der uns in die Quere kommt. Ein Gefühl der Sehnsucht nach Harmonie und dem Weltfrieden bricht aus – dazu brauchen wir Kitsch.
Es sind ganz einfach existenzielle Bedürfnisse, die uns dazu bewegen, sich nach einer heilen Welt, Geborgenheit und der Heimat zu sehnen. All der Kitsch im Dezember löst die Bedürfnisse und Sehnsüchte in uns aus. Mit den Sternen, Engeln, Lichterketten und glitzernden Kugeln gelingt dies wunderbar!
In unserem Alltag kommen diese Sehnsüchte eindeutig zu kurz. In der Arbeit muss man funktionieren, abliefern und am Ende des Monats müssen die Zahlen stimmen, da gibt es keinen Platz für Sentimentalitäten. Zuhause herrscht alltägliche Routine: waschen, kochen, putzen, einkaufen. Auch hier bleiben die Bedürfnisse meist auf der Strecke.